Ilse Römer

Ilse Römer in England ca. 1943. (Foto: Ilse Aschner/Erinnern.at)

Zu den nach Großbritannien geflüchteten WiednerInnen zählte auch die Germanistikstudentin Ilse Maria Römer aus der Seisgasse. Sie und ihre Familie waren ein klassisches Beispiel für „jüdische“ Verfolgte, die sich selbst überhaupt nicht als „jüdisch“ betrachteten und gewissermaßen erst durch die Nationalsozialisten zu „Juden“ bzw. „Jüdinnen“ gemacht wurden. Ihrem Religionsbekenntnis nach war Ilse Römer evangelisch, verfolgt wurde sie nach den Kriterien der Nürnberger Rassegesetze aufgrund ihrer jüdischen Großeltern. Nach dem „Anschluss“ durfte sie die Universität plötzlich nicht mehr betreten, ihre persönlichen Unterlagen musste sie zurücklassen.1

Im März 1939 gelang ihr die Ausreise nach Großbritannien, nachdem sich ein englischer Pfarrer bereit erklärt hatte, sie aufzunehmen und für ihren Lebensunterhalt zu sorgen.2 Daraufhin nahm die 19-Jährige am Wiener Westbahnhof Abschied von ihren Eltern, deren Fluchtversuch nach England im darauffolgenden September scheiterte.3 „Als es dann für meine Eltern begonnen hat, als sie in die Massenwohnung in der Werdertorgasse kamen,“ – so die später verheiratete Ilse Aschner rückblickend – „war ich schon weg. Sie haben es mir nicht mehr erzählen können.“4 Im Juni 1942 wurden Ilse Aschners Eltern in das Ghetto Riga deportiert, wo ihr Vater Gustav Aschner starb. Wenige Monate vor dem Kriegsende in Europa wurde im Jänner 1945 auch Mutter Paula Aschner im KZ Stutthof ermordet.5

 

MATTHIAS KAMLEITNER

  1. 1) Vgl. Doris Ingrisch/Gert Dressel/Herbert Posch, 1938 ff., in: Doris Ingrisch/Gert Dressel/Herbert Posch (Hg.), „Anschluß“ und Ausschluss 1938, 199–260, 201; Doris Ingrisch/Herbert Posch, Ilse Maria Aschner (geb. Römer), Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Wien 1938, URL: http://gedenkbuch.univie.ac.at/index.php?person_single_id=2175 (16. 5. 2015).
  2. 2) Vgl. Video der Zeitzeugin Frau Aschner, URL: http:// http://www.erinnern.at (16. 5. 2015).
  3. 3) Vgl. Video der Zeitzeugin Frau Aschner, URL: http:// http://www.erinnern.at (16. 5. 2015).
  4. 4) Josef Haslinger, Politik der Gefühle. Ein Essay über Österreich, Darmstadt 1987, 90.
  5. 5) Vgl. DÖW, Opfersuche, URL: http://www.doew.at (Einträge Gustav und Paula Römer, 27. 2. 2015).

Schicksale